Kann ich einen Wettbewerber wegen eines Datenschutzverstoßes abmahnen? Diese bislang höchstrichterlich noch nicht geklärte Frage hat die Rechtsprechung seit Inkrafttreten der DSGVO nunmehr schon mehrfach beschäftigt. Über das Verhältnis zwischen der DSGVO und nationalen Gesetzen herrscht unter deutschen Gerichten noch Uneinigkeit. Das OLG Hamburg bestätigte grundsätzlich die Abmahnfähigkeit, jedoch sei immer im Einzelfall zu entscheiden (vgl. hierzu https://tigges-dco.de/2018/11/18/achtung-abmahnung-olg-hamburg-bestaetigt-grundsaetzliche-abmahnfaehigkeit-von-datenschutzverstoessen-der-einzelfall-entscheidet/ ). Das Landgericht Stuttgart hat in einem nunmehr veröffentlichten Urteil vom 15. April 2019 (Az. 35 O 68/18 KfH) die Ansicht vertreten, dass Verletzungen der DSGVO nicht auf der Grundlage von § 8 UWG abgemahnt werden können. Die Stuttgarter Richter schlossen sich mit ihrer Auffassung damit den Kollegen des Landgerichts Bochum an, die im August 2018 entschieden hatten, dass die Sanktionsregelungen der DSGVO abschließend seien.
Geklagt hatte im konkreten Fall ein Interessenverband von Online-Händlern, der Beklagte vertrieb Auto-Zubehör bei eBay. Der Interessenverband hatte gerügt, dass auf der Internetpräsenz kein Hinweis darauf vorhanden sei, welche personenbezogenen Daten der Kunden in welchem Umfang und zu welchem Zweck erhoben werden. Ein solcher Hinweis sei durch § 13 TMG und Art. 13 DSGVO aber gesetzlich vorgegeben. Ihren Unterlassungsanspruch stützte die Klägerin auf § 8 Abs. 1 UWG i.V.m. §§ 3, 3a UWG und § 13 TMG als Marktverhaltensregel. Das Landgericht Stuttgart wies die Klage ab, da die in Art. 83 und 84 DS-GVO geregelten Sanktionen abschließende Bestimmungen darstellen würden. Die Vorschriften hätten Vorrang vor denen des UWG und TMG. Zudem strebe die DSGVO den Schutz personenbezogener Daten Einzelner an und diene nicht dem Schutz des Wettbewerbs. Folgerichtig liefe eine Vermischung lauterkeitsrechtlicher Vorgaben mit denen der DSGVO der Zielsetzung der Verordnung zuwider.
Ferner stützten die Stuttgarter Richter sich in ihrer Urteilsbegründung darauf, dass es der Klägerin auch an der erforderlichen Aktivlegitimation fehle. Gemäß Art. 57 DSGVO seien Aufsichtsbehörden dafür zuständig, die Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorschriften zu kontrollieren und durchzusetzen. Art. 80 Abs. 1 DSGVO räume Verbrauchern zwar das Recht ein, Dritte mit der Rechtsverfolgung von datenschutzrechtlichen Verstößen zu beauftragen. Es könnten aber nur solche Einrichtungen von Verbrauchern beauftragt werden, die sich auf dem Gebiet des Datenschutzes betätigen. In sonstigen Fällen sei die Rechtsverfolgung durch Dritte nach Art. 80 Abs. 2 DSGVO nur dann möglich, wenn der nationale Gesetzgeber entsprechende Voraussetzungen hierfür geschaffen habe.
Im Ergebnis verdeutlicht die Entscheidung des Landgerichts Stuttgart, dass die Rechtsprechung noch in zwei Lager gespalten ist. Angesichts der sich diametral entgegenstehenden rechtlichen Bewertungen verschiedener Gerichte lässt sich für die Praxis derzeit noch nicht abschließend vorhersagen, ob zukünftig Abmahnungen auf Verstöße gegen die DSGVO gestützt werden können oder nicht. Klarheit könnte eine höchstrichterliche Klärung herbeiführen. Bis dahin ist jedem Unternehmen dringend anzuraten, sich auf materiell-rechtlicher Ebene nicht angreifbar zu machen und DSGVO konform zu agieren.
Autor: Sebastian Keilholz, LL.M.
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