Die Gründe für eine Videoüberwachung in Betriebsstätten, Ladengeschäften, an der Türklingel oder Eingängen zu Bürogebäuden sind vielfältig. Der Anlass dafür mag bei genauerer Betrachtung nachvollziehbar sein. Dennoch kann die Videoüberwachung für den Verantwortlichen (das Unternehmen, den Vermieter, den Mieter, den beauftragten Wachdienst) zur Stolperfalle werden. Eine nicht ordnungsgemäß betriebene Videoüberwachung kann einerseits die Stilllegung der durchaus kostenintensiven Anlage und andererseits ein – erhebliches – Bußgeld zur Folge haben. Ein erstes Bußgeld wurde beispielsweise in Österreich und damit von einer vermeintlich liberaleren Aufsichtsbehörde (Stichwort „beraten statt Strafen“) verhängt. Ein Bericht hierzu findet sich u.a. in den Salzburger Nachrichten, der Beschluss selbst wurde nicht veröffentlicht.

Ist Videoüberwachung nach der DSGVO noch möglich?

Der Grundsatz:

Videoüberwachung als Vorgang der Datenverarbeitung ist verboten. Ausnahmen sind unter gewissen, teilweise strengen Voraussetzungen erlaubt.

Ausnahmen:

Die für den jeweiligen Verantwortlichen wohl wichtigste Ausnahme ist das Vorliegen des sogenannten berechtigten Interesses. Kann der Verantwortliche den Nachweis führen, dass die Videoüberwachung zur Wahrung seines berechtigten Interesses geschieht und ihr keine Interessen oder Grundrechte von betroffenen Person(en) entgegenstehen, ist die Videoüberwachung im Einzelfall zulässig.

Doch wann liegt ein solch berechtigtes Interesse vor? Die DS-GVO verlangt eine Abwägung im konkreten Einzelfall – eine allgemeine Einstufung bestimmter Szenarien als zulässig und unzulässig verbietet sich aufgrund der jeweils vorzunehmenden Abwägung zwischen den Interessen des Verantwortlichen und auch der Betroffenen. Einen guten Einstieg in die Thematik bietet indes das Kurzpapier Nr. 15 der Datenschutzkonferenz.

Die Videoüberwachung wäre zwar auch mit Einwilligung der Betroffenen zulässig. Diese ist aber weder zwingend noch wäre deren Einholung praktikabel. Die strengen Anforderungen an eine wirksame Einwilligung werden insoweit nur selten erfüllt (werden können). Insbesondere muss die Einwilligung mittels einer „eindeutigen bestätigende Handlung“ erfolgen. Eine solche liegt nach Ansicht der Aufsichtsbehörden aber gerade nicht in dem bloßen Betreten eines ausgewiesen videoüberwachten Bereichs. Gerade letzteres zeigt anschaulich, dass die Einwilligung insbesondere für Videoüberwachungen in Ladenlokalen untauglich ist.

Dokumentation und Transparenz erforderlich

Um die Videoüberwachung zulässig zu betreiben wird eine ausführliche Dokumentation benötigt. Und es muss für ausreichende Transparenz gesorgt werden.

Zur Dokumentation gehören unter anderem

  • Lageplan, Hersteller, Modellbezeichnung der Systeme, Bildschirmfotos
  • Zwecke, Speicherdauer, technische Sicherheit usw.
  • Darstellung des berechtigten Interesses mit Abwägung

für jeden konkreten Einzelfall, also jede einzelne Kamera.

Zur Herstellung der Transparenz reichen allgemeine Hinweisschilder (Piktogramme) alleine nicht aus. Im Rahmen eines Aushangs sind nach Ansicht der Aufsichtsbehörden folgende Informationen zu erteilen:

  • die Identität des Verantwortlichen
  • Kontaktdaten des Datenschutzbeauftragten (soweit vorhanden)
  • Verarbeitungszwecke und deren Rechtsgrundlage
  • Angabe des berechtigten Interesses
  • Dauer der Speicherung

Lediglich für weitergehende Informationen soll ein Hinweis auf ergänzende Informationen z.B. im Internet möglich sein.

Besondere Fälle

In einigen Sonderfällen mag man annehmen, man benötige den ganzen Aufwand nicht, da es sich um keine echte Videoüberwachung handelt. Dem ist nicht so.

Kamera an der Türklingel

Die Kamera an der Türklingel unterliegt denselben Anforderungen. Auch wenn diese Anlage vom Vermieter betrieben wird. Der Mieter übernimmt zumindest Mit-Verantwortung für deren Rechtmäßigkeit.

Attrappen

Auch wenn es sich lediglich um Attrappen handeln sollte, muss eine Dokumentation mit entsprechenden Hinweisen erfolgen, da der Betroffene eine Videoüberwachung vermuten soll.

Kamera ohne Aufzeichnung

Auch für die Videoüberwachung ohne Aufzeichnung gelten dieselben Regeln. Denn es handelt sich mindestens um eine teil-automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten.

Praxistipp

Stellen Sie Ihre bereits vorhandene oder geplante Videoüberwachung auf den Prüfstand. Vertrauen Sie nicht allein auf Aussagen von Anlagenanbietern, sondern hinterfragen Sie diese kritisch, da Ihr Unternehmen als Verantwortlicher haftet.

In Ihrem Verzeichnis der Verarbeitungen sollten Sie für jede Kamera der Videoüberwachung eine ausführliche Darstellung mit allen Pflichtangaben und Begründungen führen. Diese wird pro Kamera mehrere Seiten lang sein.

Wir beobachten auch in Deutschland vermehrt Beschwerden über Videoüberwachung bei den zuständigen Aufsichtsbehörden. Hier erfolgt dann eine behördliche Überprüfung mit einem umfangreichen Fragenkatalog und Fristsetzung zur Stellungnahme.

Es empfiehlt sich, gegenüber den Behörden offen und transparent Auskunft über alle Punkte zu geben.


Autor: Yvonne Quad, Heiner Niehüser

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