Die Überwachung von Firmenfahrzeugen eines Reinigungsunternehmens ist datenschutzwidrig, wenn die Überwachung für die angestrebten Zwecke nicht erforderlich ist und keine Einwilligung vorliegt – (Teil-)Urteil des VG Lüneburg vom 19. März 2019 – 4 A12/19.

Sachverhalt

Dem Rechtsstreit liegt eine Anfechtungsklage der Reinigungsfirma (Klägerin) zugrunde. Die Niedersächsische Aufsichtsbehörde hatte entschieden, dass die GPS-Überwachung der Firmenfahrzeuge eine nicht erforderliche Verarbeitung von Beschäftigtendaten darstelle. Das Reinigungsunternehmen kann 18 Fahrzeuge der Flotte mittels einem eingebauten GPS orten. Diese Funktion lässt sich auch nicht ohne weiteres deaktivieren. Das System ist so ausgelegt, dass es für einen Zeitraum von 150 Tagen jede gefahrene Strecke sowie den Zündungsstatus speichert. Da die Fahrzeuge den jeweiligen Beschäftigten eindeutig zuordenbar sind, besteht auch ein Personenbezug der Daten. Allerdings, so die Klägerin, erfolge eine tatsächliche Ortung der Fahrzeuge sehr unregelmäßig und maximal drei bis vier Mal pro Jahr. Eine Privatnutzung der Fahrzeuge sei zwar nicht ausdrücklich gestattet, jedoch geduldet.

Die Klägerin schloss mit ihren Beschäftigten im Hinblick auf die in den Firmenfahrzeugen enthaltenen GPS-Geräte drei Arten von schriftlichen Vereinbarungen. Nur in einer dieser drei Varianten war eine eindeutige Einverständniserklärung des Beschäftigten formuliert: „Ich bin damit einverstanden, dass die Daten des GPS-Systems zur Überprüfung der Arbeitszeit und zur Überprüfung der Anwesenheit in den Reinigungsobjekten genutzt werden.

Bewertung

Gemäß Art 88 Abs. 1 DSGVO iVm § 26 Abs. 1 BDSG kommen für die Verarbeitung von Beschäftigtendaten grundsätzlich zwei Erlaubnistatbestände in Betracht. Eine Verarbeitung von Beschäftigtendaten ist datenschutzrechtlich zulässig, wenn die Verarbeitung zur Begründung, Durchführung oder Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist. Ist dies nicht der Fall, ist die Verarbeitung nur dann zulässig, wenn eine Einwilligung der betroffenen Beschäftigten vorliegt.

Beide Erlaubnistatbestände sah das Gericht im vorliegenden Fall als nicht gegeben an. Die Verarbeitung sei weder für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich, noch beruhe sie auf einer wirksamen Einwilligung.

1. Erforderlichkeit einer Verarbeitung im Beschäftigtenverhältnis

Im Rahmen der Prüfung der Erforderlichkeit einer Verarbeitung sind die widerstreitenden Positionen von Arbeitgeber und Beschäftigten abzuwägen. Dabei muss das Interesse des Arbeitgebers an der Verarbeitung mit dem Persönlichkeitsrecht des Beschäftigten in einen schonenden Ausgleich gebracht werden. D.h. letztlich: die Interessen beider Seiten müssen abgewogen werden, das Mittel muss für den verfolgten Zweck geeignet sein und es steht kein milderes gleich wirksames Mittel zur Verfügung.

Dabei zu beachten sind auch die Grundsätze des Datenschutzrechts aus Art. 5 DSGVO. Insbesondere die Grundsätze der Fairness („Treu und Glauben“) und der Transparenz sowie der Grundsatz der Datenminimierung kommen im Rahmen der Interessenabwägung besonders zum Tragen. Danach müssen Datenverarbeitungen für die Betroffenen vorhersehbar sein, sie müssen über Art und Umfang informiert werden und sie muss auf das notwendige Minimum beschränkt werden, um den verfolgten Zweck zu erreichen.

Dementsprechend erklärte das VG die Verarbeitung der GPS-Daten im Rahmen der ordnungsgemäßen betrieblichen Nutzung der Fahrzeuge für nicht erforderlich. Für die Beurteilung der betrieblichen Erforderlichkeit befasste sich das Gericht insbesondere mit folgenden Verarbeitungsgründen:

  • Feststellung eines arbeitsvertraglichen Wochenendverbots oder eines Verbots von Privatfahrten

Soweit, wie im vorliegenden Fall zutreffend, Privatfahrten jedenfalls geduldet werden, besteht nach Ansicht des VG „kein pauschales Überwachungsbedürfnis des Arbeitgebers. Dem Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung steht in diesem Fall schon kein berechtigtes unternehmerisches Interesse des Arbeitgebers gegenüber.“ Überdies lägen mildere Mittel zur Durchsetzung des Verbots vor, wie bspw. die Anweisung den Fahrzeugschlüssel zum Ende der Woche abzugeben oder ein Fahrtenbuch zu führen.

  • Verhinderung von Diebstahl bzw. Wiederfindung von entwendeten Firmenfahrzeugen

Ortungssysteme seien für präventiven Diebstahlsschutz völlig ungeeignet. „Für das Wiederauffinden womöglich entwendeter Firmenfahrzeuge reicht die anlassbezogene Erhebung im Falle eines festgestellten Fahrzeugverlustes aus. Eine ständige Erfassung der Fahrzeugposition und die Speicherung über 150 Tage ist nicht erforderlich.

  • Tourenplanung sowie Koordination von Mitarbeiter- und Fahrzeugeinsatz

Die Tourenplanung sei zukunftsorientiert. Informationen über aktuelle und vergangene Standorte der Firmenfahrzeuge seien damit planungsunerheblich. „Für eine womöglich außerplanmäßig (z.B. infolge von Krankheitsausfällen, Staus, Unfällen) akut werdende zentrale Koordination von Mitarbeitern und Fahrzeugen würde als weniger stark eingreifende Maßnahme die Gewährleistung einer Erreichbarkeit von Mitarbeitern per Mobiltelefon genügen. Die ständige Erfassung von Standort-, Bewegungs- und Zeitdaten der Firmenfahrzeuge und die Speicherung über 150 Tage ist nicht erforderlich.“ Darüber hinaus habe die Klägerin trotz Aufforderung weder dargelegt noch nachgewiesen, ob und wie häufig GPS-Daten in der Vergangenheit für Dispositionszwecke verwendet wurden.

  • Nachweis für geleistete Tätigkeiten gegenüber Auftraggebern

Ein Nachweis über Tätigkeiten am/im Objekt eines Kunden könne mittels Ortungsdaten nicht geführt werden. „Über diese Daten könnte allenfalls nachgewiesen werden, dass ein bestimmtes Firmenfahrzeug am Objekt bzw. in dessen Nähe für einen bestimmten Zeitraum anwesend gewesen ist. Somit ist die Erfassung solcher Daten zur Erreichung des Zwecks völlig ungeeignet.“ Überdies habe die Klägerin auch hier „nicht konkret dargelegt, wie häufig GPS-Daten in der Vergangenheit überhaupt für den Nachweis von Arbeiten gegenüber Auftraggebern verwendet worden sind“, obwohl sie dazu aufgefordert worden war.

2. Einwilligung

Eine Verarbeitung könnte auf Basis einer Einwilligung in Betracht kommen. Hierbei ist zu beachten, dass Einwilligungen im Beschäftigtenkontext schwierig sein können, da die Freiwilligkeit der Erteilung im Beschäftigtenverhältnis grundsätzlich in Frage steht. Insoweit ist im Einzelfall zu beurteilen, ob und inwieweit der Mitarbeiter tatsächlich frei in seiner Entscheidung ist oder nicht. Die konkreten Umstände, unter denen die Einwilligung erteilt wird, sind hierbei entscheidend. Freiwilligkeit kann dann vorliegen, „wenn für die beschäftigte Peron ein rechtlicher oder wirtschaftlicher Vorteil erreicht wird oder Arbeitgeber und beschäftigte Person gleichgelagerte Interessen verfolgen“ (§ 26 Abs. 2 S. 2 BDSG).

Vorstehende Voraussetzungen wurden nach Ansicht des VG nicht erfüllt; eine wirksame Einwilligung sei in allen Varianten der Vereinbarung nicht gegeben. Es fehle eine informierte Willensbekundung der Beschäftigten. Zum einen wurde nur partiell über die Zwecke der Verarbeitung informiert. Zum anderen fehle der Hinweis auf das Widerrufsrecht.

Fazit und unsere Empfehlung

Die Entscheidung zeigt deutlich, dass bei der Verarbeitung von GPS-Daten im Beschäftigtenkontext Vorsicht geboten ist. Sie ist gleichwohl positiv zu werten, als die Entscheidungsgründe deutlich zeigen, dass eine zulässige Verarbeitung im Beschäftigtenverhältnis durchaus möglich ist und das Gericht die zu berücksichtigenden Ansätze aufzeigt.

Planen Sie den Einsatz von GPS-Systemen sorgfältig und im Vorfeld. Eine saubere Definition der Zwecke, der Eignung des gewählten Mittels sowie eine Abwägung mit den Interessen der Betroffenen verbunden mit einer vollständigen Information der Beschäftigten ermöglicht eine rechtskonforme Nutzung. Soweit eine Einwilligung erforderlich ist, sind oberflächliche Formulierungen zu vermeiden – der Beschäftige muss konkret wissen, worin er einwilligt und ist darüber zu informieren, dass er seine Entscheidung jederzeit für die Zukunft widerrufen kann.


Autor: Yvonne Quad

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